Im letzten Beitrag habe ich mich ausführlich mit den Positionen der Parteien in deren Wahlprogrammen zu LGBTIQ* beschäftigt. Wie versprochen, will ich noch die Forderungen zu Trans* und Inter* Personen der Parteien ausführlicher, als es dort möglich war nachreichen.
Die CDU/CSU hat sich wie schon beschrieben, in ihrem Programm überhaupt nicht mit dem Thema beschäftigt, damit erübrigt sich jeder weiterer Text dazu.
Die SPD findet ein paar wohlfeile Worte, ohne jedoch konkret zu werden:
„Menschen sollen unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher leben können – mit gleichen Rechten und Pflichten. Die Gleichheitsrechte in Artikel 3 Abs. 3 Grundgesetz müssen um die sexuelle Identität erweitert werden. Initiativen gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie werden wir verstärken. Wir werden die Lage von trans- und intergeschlechtlichen Menschen verbessern und gewährleisten, dass sie selbst über ihr Leben bestimmen können. Das betrifft medizinische, gesundheitliche, soziale und rechtliche Aspekte. Wir werden daher das Transsexuellengesetz und weitere Gesetze reformieren.“
Den ausführlichsten Vorschlag mach die Linkspartei:
„DIE LINKE setzt sich für die Gleichberechtigung aller Lebensweisen ein. Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ist gesellschaftliche Realität. Wir fordern, die gesetzliche Realität der gesellschaftlichen Realität anzupassen und wenden uns gegen jegliche Diskriminierung, sei es privat, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Wir unterstützen alle Schritte, die dabei helfen, mit der staatlichen und gesellschaftlichen Heteronormativität, Cisnormativität und der Zweigeschlechtlichkeit als Norm zu brechen. Neben dem Recht auf Selbstbestimmung von Menschen mit Trans*- oder Inter*hintergrund im Personenstandsrecht ohne das entwürdigende Begutachtungswesen streben wir auch eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen im Ehe- und Adoptionsrecht ein. […]
Die Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit – die Anforderung der Gesellschaft, sich unzweifelhaft als Frau oder Mann zu definieren – grenzt aus. Eine geschlechtergerechte Politik muss darauf hinwirken das Frauen, Männer, Menschen mit Trans*hintergrund und Menschen mit Inter*hintergrund gleich zu behandeln und rechtlich gleichzustellen sind, ohne dass ein Geschlecht oder eine Lebensweise als Norm gesetzt wird. Geschlechtergerechtigkeit muss schon im Kindesalter gefördert und dabei Raum für persönliche Entfaltung und geschlechtliche Vielfalt gesichert werden.
Wir unterstützen Menschen mit Trans*hintergrund in ihrem Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Menschen mit Trans*hintergrund sollen bei ihren eigenen Veränderungen unterstützt werden. Die Eingriffe sollen abgesichert und nicht mehr als Krankheit angesehen werden: Die derzeitige Klassifikation als »psychische Erkrankung« stammt noch aus dem 19 Jahrhundert. Die entsprechenden Sexualforscher diagnostizierten Neurosen bei Menschen mit Trans*hintergrund und stuften sie Menschen als entartet ein. Menschen mit Inter*hintergrund sind gezwungen, ihren Hintergrund verschleiern, damit sie über das Transsexuellengesetz Operationen und Maßnahmen bewilligt und bezahlt bekommen.
-
Begutachtungspflicht, Therapiezwang und das gerichtliche Verfahren müssen abgeschafft werden, wenn es darum geht, Vornamen und Personenstand zu ändern. Stattdessen muss dieses Verfahren in einen Verwaltungsakt überführt und auf Antrag ohne Vorbedingung diskriminierungsfrei geregelt werden.
-
Medizinisch nicht notwendige Operationen an Menschen zum Zwecke der Geschlechtsangleichung dürfen nur durchgeführt werden, wenn diese selbst einwilligungsfähig sind und ihre Zustimmung selbst gegeben haben.
-
Das Transsexuellengesetz muss als Sondergesetz aufgehoben und in bestehendes Recht integriert werden. Im Sinne einer bedürfnisorientierten und präventiven Gesundheitsversorgung brauchen Menschen mit Trans*hintergrund und Inter*hintergrund (auch Geflüchtete) Zugang zu allen spezifischen medizinischen, therapeutischen und beratenden Leistungen (und die damit verbundenen Medikamente) und eine unbürokratische Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Alle benötigten Leistungen müssen im Katalog der Kostenträger enthalten sein. Wir setzen uns für den flächendeckenden Ausbau von Beratungsangeboten in Zusammenarbeit mit Trans*Initiativen ein.
-
Wir fordern Beratungs- und Aufklärungszentren für Betroffene und deren Angehörige sowie einen Entschädigungsfond für Menschen mit Inter*hintergrund, denen durch geschlechtsangleichende Operationen erhebliches Leid widerfahren ist.
-
Wir fordern Reproduktionsmöglichkeiten für Trans*menschen. Sie müssen in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden. Wenn das Recht auf Reproduktion nicht willentlich abgetreten wurde, kann Anspruch auf eine Entschädigung erhoben werden. Wir wollen den Schutz vor Diskriminierungen aufgrund der körperlichen Variation, sexuellen Identität und Lebensweise in Artikel 3 des Grundgesetzes und in das Antidiskriminierungsgesetz aufnehmen. Um dieses erweiterte Grundrecht zu garantieren, braucht es Antidiskriminierungsstellen, ein echtes Klagerecht für Verbände im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz sowie dessen EU-rechtskonforme Ausgestaltung.
-
Die Unrechtsurteile gegen und Verfolgung im Nationalsozialismus von Menschen mit Transhintergrund und Interhintergrund müssen aufgearbeitet werden! Die Betroffenen müssen vollständig rehabilitiert und gewürdigt, wertgeschätzt und entschädigt werden. Wir wollen mit Angeboten und Maßnahmen einen Wandel im gesellschaftlichen Bewusstsein anstoßen.
-
In den Lehrplänen der Bildungseinrichtungen muss sich die real existierende Vielfalt an Lebensentwürfen und Identitäten ganzheitlich abbilden, statt Klischees und alte Rollenmuster zu bedienen.“
B90/Die Grünen fordern selbstverständlich auch rechtliche Anpassungen, insbesondere, die Umwandlung des Transsexuellengesetz:
„Wir wollen das Transsexuellengesetz durch ein Gesetz zur Anerkennung der selbst bestimmten Geschlechtsidentität mit einfachen Verfahren zur Änderung des Vornamens und Berichtigung des Geschlechtseintrags ersetzen. Operationen zur sogenannten „Geschlechtsanpassung und -zuweisung“ an intergeschlechtlichen Säuglingen und Kindern wollen wir grundsätzlich verbieten.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN plädieren für eine dritte Option im Personenstandsrecht. Trans* Menschen dürfen nicht pathologisiert werden. Deshalb setzen wir uns national wie international dafür ein, dass sie nicht mehr als psychisch krank klassifiziert werden. Vielmehr muss ihre Gesundheitsversorgung besser gesichert werden. Mit einem bundesweiten Aktionsplan für Vielfalt und gegen Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit wollen wir Forschung, Aus- und Fortbildung bei Polizei, Justiz und anderen staatlichen Akteuren verstärken – insbesondere im Blick auf trans* Kinder und Jugendliche, auf Prävention und eine sensible Opferhilfe. Bildungs- und Jugendpolitik soll Menschenrechte und die Vielfalt sexueller Identitäten stärker berücksichtigen. […]In vielen Ländern wird LSBTIQ* das Leben zur Hölle gemacht: Verfolgung, Unterdrückung, Gewalt und Zensur. Hier muss Deutschland klar Position beziehen, Menschenrechtsverteidiger*innen aktiv stärken und die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen für die Stärkung der Rechte sexueller Minderheiten weltweit nutzen. […]
Wir werden die Aufarbeitung der Verfolgung und Diskriminierung von LSBTIQ* in der deutschen Rechts- und Gesellschaftsgeschichte vorantreiben. Jenseits des Strafrechts wurden auch lesbische Frauen, Transsexuelle und Transgender im Nationalsozialismus verfolgt und diskriminiert. Über die derzeitige beschlossene Rehabilitierung und Entschädigung hinaus fordern wir eine angemessene und ausreichende Kollektiventschädigung, die jährlich für Projekte zum Beispiel im Bereich der LSBTIQ*-Senior*innen zur Verfügung gestellt wird. Wir wollen zudem die Entschädigung sowie die Wiederherstellung der Würde aller Opfer erreichen, bevor auch hier der Zeitablauf eine persönliche Entschuldigung unmöglich macht. Dazu wollen wir einen Härtefonds einrichten.“
Bleibt noch die FDP (die AfD erspare ich mir aus nachvollziehbaren Gründen, die Anmerkungen im Hauptartikel dürften mehr als ausreichend sein). Sie begnügen sich mit einer Anpassung des Transsexuellengesetzes.
„Wir Freie Demokraten halten Homo- und Transphobie für genauso wenig akzeptabel wie Rassismus und Antisemitismus. Sie sind der Boden, auf dem Gewalt und Diskriminierung gedeihen. Wir stehen für Vielfalt und Wertschätzung in der Gesellschaft. […] Um rechtliche Diskriminierungen wegen geschlechtlicher Identität oder sexueller Orientierung zu beseitigen, wollen wir zum Beispiel das überholte Blutspende-Verbot für homo- und bisexuelle Männer abschaffen und das Transsexuellengesetz endlich so erneuern, dass die Personenstands- und Namensänderung ohne diskriminierende Hürden erfolgt. Die Krankenkassen sollen einheitlich die Kosten für alle geschlechtsangleichenden Behandlungen bei Transsexualität übernehmen.“