Eine intensive Woche in Gernika ist vorbei. Klar ist: Viele Fragen bleiben offen, viele Probleme und Konflikte, werden sie nur aus einer deutschen Sicht betrachtet müssen unverstanden sein.
Ein Beispiel: Während unseres Aufenthaltes kam es immer wieder zu Debatten über die Fangquoten für Fisch. Aus gesamteuropäischer oder deutscher Perspektive mögen pauschale Quoten, die eine Überfischung des Meeres verhindern sollen Sinn machen. Für das Baskenland, oder konkret Bermeo, den Küstenort unweit von Gernika bedeutet das, das große internationale Fangflotten die Meere leerfischen und Quoten, die dem baskischen Teil Spaniens zuzurechnen wären, von der spanischen Regierung absichtlich anderswo vergeben werden. Konkretes Ergebnis ist die Arbeitslosigkeit der Fischer_innen, deren Schuld wohl kaum das Artensterben im Atlantik ist.
Eine Stand der Autonomie des Baskenlandes, die das Papier nicht wert ist, auf dem sie zugesagt ist (und die bei weitem hinter den föderalen Rechten der Bundesrepublik hinterherbleibt) tut ein Übriges.
Nach sieben Tagen beginnen wir zu verstehen, was die Forderung nach Unabhängigkeit für das Baskenland bedeutet. Es geht nicht um einen neuen kleinen kapitalistischen Staat, sondern um Gerechtigkeit und Selbstverwaltung, insbesondere auch unter dem Blickwinkel einer dauernden Demütigung durch den spanischen Zentralstaat. Es geht weniger bis gar nicht um nationalistische Konzepte, wie wir sie hier kennen und von Rechtsaußen erleben. Eher ist das Gegenteil der Fall. Hinzu kommt das extrem schwierige Thema der Nichtaufarbeitung der Franco-Zeit, das Schweigen und Nichtanerkennen bis heute.
Das Thema Unabhängigkeit, welches bei allen Gesprächen mitschwingt, ist sehr facettenreich und nicht mit einem einfachen ja oder nein zu beantworten.
Noch ein Satz zum Gedenken: Gegenwärtig ist zu spüren, beispielsweise in der Tageschau vom 26.4., die kurz über Gernika berichtete, das eine Gleichsetzung der Täter mit den Opfern versucht wird. Für diese These spricht, das Orte wie Dresden und Rostock, die von alliierten Bomben in der Endphase des Zweiten Weltkrieges getroffen wurden, mit den Angriffen auf Gernika gleichgesetzt werden. Dieses „Wir sind doch alle Opfer von Bomben“ blendet die Täterseite aus und macht sie unsichtbar (Unter diesem Blickwinkel ist auch die Wahl Pforzheims und nicht Wunstorfs zur Partnerstadt Gerniks zu sehen). Hier ist Wiederstand und Offenheit geboten. Ich hoffe, ich konnte mit diesem Reiseblog ein klein wenig dazu beitragen.
Schließen möchte ich daher die Reihe mit bisher nicht gezeigten Beiträgen von den Gedenkfeierlichkeiten rings um den 80. Jahrestag der Bombardierung Gernikas.
Im Rahmen von Strassentheater (Bilder gibt es hier) wurde das Lied „Gernikan“ der baskischen Band Ken Zazpi neu interpretiert. Außerdem Bilder der starken Abschlussdemonstration zum 26.4. 2017.
Dies war der letzte Teil meines Videoblogs zur Fahrt nach Gernika 2017.
Die Einleitung findet sich hier.
Teil 2 – Treffen mit der Gewerkschaft LAB