Die Randbebauung des mittelalterlich anmutenden Ballhofplatzes in Hannover scheint einen Rest des historischen Hannovers zu zeigen. Fachwerkhäuser säumen den Straßenrand. Nur das Theater wirkt wie aus den 60ern. Historisch ist der Platz, aber nicht, wie es scheint. Der Ballhofplatz und seine Randbebauung sind ein vom NS neu hergestellter Platz zur „Gesundung“ der Altstadt. In den Augen der Nationalsozialisten war die Altstadt ein Hort von Alkoholismus, Kriminalität und Prostitution sowie Brutstätte des Kommunismus: ein „Sumpf“, den es auszutrocknen galt. In engen Gassen und unter schlechten hygienischen Bedingungen war die Altstadt mehr ein Ort für Arme, denn für das Bürgertum, welches sich lieber in List oder Südstadt tummelte. Bereits nach Ende des ersten Weltkrieges gab es Ansätze das Gelände umzugestalten und für die „bessere Gesellschaft“ attraktiver zu gestalten. Unter den Nazis entstanden nun in kurzer Zeit ein Heim der Hitler-Jugend HJ, ein BDM-Gebäude, ein Polizeirevier und eine SA-Kneipe. Der Ballhofplatz selber wurde zum Platz für Aufmärsche. Innerhalb weniger Jahre wurde das Gebiet komplett umgekrempelt und ihre ursprünglichen Bewohner vertrieben.
Der Ballhofplatz nur ein Beispiel welches das ambitionierte Projekt „Zukunft heißt Erinnerung“ präsentiert. In einem digitalen Stadtrundgang werden Orte des Erinnerns, aber auch der Umgestaltung gezeigt und in ihren Kontext gesetzt. Nicht nur die bekannten Orte der NS-Zeit wie der Maschsee, der Ehrenfriedhof am Maschsee-Nordufer oder das ehemalige Gerichtsgefängnis Hannover sondern auch weniger bekannte Orte, denen die Nazis ihren Stempel aufdrückten, werden ausführlich gezeigt und beschrieben.
„Eine weltoffene und demokratische Stadtgesellschaft braucht Erinnerung“ beschreiben die Initiator_innen Stadtjugendring und Netzwerk Erinnerung und Zukunft in der Region Hannover e.V. ihre Motivation. Via Smartphone oder Tablet, oder daheim am heimischen Rechner lässt sich hervorragend aufbereitet Geschichte plastisch erleben und verschwindet so vom Abstrakten Vergangenen zum Konkreten. Derzeit auf die Innenstadt beschränkt soll es nach und nach zu einem Kompendium des Erinnerns für die gesamte Region Hannover werden. Mitstreiter_innen sind jederzeit willkommen.
Der digitale Stadtrundgang ist unter www.zukunft-heisst-erinnern.de zu finden. Es ist mehr als einen Besuch wert.