Die Regierungsfraktionen in Nordrhein-Westfalen SPD und Bündnis90/Die Grünen wollen die Diskriminierung von Schwulen bei der Blutspende beenden. Dazu fordern sie die Landesregierung in einem Antrag (DS 16/1627) auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. So richtig, wie die Forderung nach einem Ende des Blutspendeverbotes aufgrund der sexuellen Orientierung hin zu einem reinen auf das sexuelle Verhalten bezogene Regelungen ist, greift der Antrag in seinen Forderungen zu kurz. Geeignete Maßnahmen sollen sein – so der Antrag, auf Regelungen hinzuwirken, die eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung ausschliessen. In der föderalistischen Logik umformuliert – das Land NRW soll auf Bundesebene tätig werden. Das allein reicht nicht. Zudem ist die Argumentation in weiten Teilen formal inkorrekt. Wie im Antrag korrekt bemerkt wird bereits seit 2010 nicht mehr sie sexuelle Orientierung abgefragt, sondern gilt das kriteritum „Männer, die Sex mit Männern haben“. Mit der Entscheidung wurde keine Diskriminierung aufgehoben, vielmehr der Kreis der Ausgeschlossenen erweitert. Auch reine Pubertätsspiele oder eine Nichtselbsdefinition als schwul reichen seitdem aus. Damit erfolgt eine verschiebung von einer Eigen- zu einer Fremddefinition. Eine Selbstdefinition als schwul und damit eine offene Diskriminierung werden jedoch nun versteckt. Eine ausführliche Auseinandersetzung dazu von mir findet sich hier.
Richtigerweise wird dieses Verfahren als diskriminierend gewertet. Auch UNO und Staaten, wie Italien sehen das so. Italien beschränkt beispielsweise das Datum des Sexes und spricht keine lebenslanges Spendenverbot aus. Andere Länder handeln ähnlich. Auch wenn dies ebenfalls diskriminierend ist, so ist es wenigstens als Schritt einer Abwägung zwischen Sicherheitsinteresse und Verbot von Diskriminierung zu sehen. Bei inzwischen bestehenden diagnostischen Fenstern von wenigen Tagen sind aber Monate oder Jahre währende Sperrfristen ebenfalls wenig sinnvoll. Richtiger Ansatz muss es – analog heterosexueller Diagnostik sein, das reine Sexualverhalten zu thematisieren und nicht sexuelle Praktiken als Ausschlußkriterien festzulegen.
Aus dieser Sicht ist der Antrag ein richtiger Schritt. Offen bleibt allerdings, warum nicht überlegt wurde, wie auch auf Landesebene geeignete Wege beschritten werden könnten um die Akzeptanz und die wissenschaftliche Grundlage, die zu entsprechenden Entscheidungen berechtigt zu verbessern. Wie können Landes- und Kommunalstrukturen, seien es Krankenhäuser etc. eingebunden werden – wie eine mögliche Debatte erfolgen. Fragen, die hier leider nicht beantwortet werden.
weiterführende Artikel:
Schwul und Blut spenden (2003) – einführender Beitrag
…schwules Blut – eine ganz besondere Flüssigkeit (2011)
Blutspender sind Helden – es sei denn sie sind schwul